
Die Körperschaftsteuer in Malta
Lohnt sich der vermeintliche Vorteil wirklich?
Malta wirbt seit Jahren mit einer besonders niedrigen effektiven Körperschaftsteuer und angeblich geringen laufenden Kosten. Auf den ersten Blick scheint das attraktiv für Unternehmer, die innerhalb der Europäischen Union eine steueroptimierte Gesellschaftsstruktur suchen. Wer jedoch genauer hinsieht, erkennt, dass die gesetzliche Ausgangslage, die notwendigen Strukturen und die tatsächlichen Gesamtkosten ein anderes Bild zeichnen. Entscheidend ist nicht der beworbene Steuersatz, sondern was nach Steuern, Aufwand und administrativen Verpflichtungen tatsächlich übrigbleibt.
Wir sind seit über zwanzig Jahren in Zypern tätig und beraten Unternehmer bei der Gestaltung, Besteuerung und Strukturierung internationaler Gesellschaften. Unsere Kanzlei ist in mehreren Ländern vertreten, wobei wir jeden Standort nach klaren fachlichen Kriterien auswählen. Nur dort, wo steuerliche und rechtliche Rahmenbedingungen unseren Mandanten dauerhaft messbare Vorteile bieten, bleiben wir präsent. Wäre Malta im Hinblick auf Körperschaftsteuer, Rechtssicherheit und laufende Kosten tatsächlich die bessere Alternative, hätten wir dort längst eine Niederlassung eröffnet. Nach gründlicher Analyse und jahrelanger Beobachtung zeigt sich jedoch, dass Malta in der Praxis nicht die Erwartungen erfüllt, die viele Anbieter damit verbinden.
Die gesetzliche Ausgangslage in Malta 2025
In Malta beträgt der gesetzliche Körperschaftsteuersatz weiterhin 35 Prozent. Diese Steuer ist im Income Tax Act, Chapter 123, geregelt und gilt grundsätzlich für alle in Malta registrierten Gesellschaften. Entscheidend für die tatsächliche Steuerbelastung ist jedoch, wer die Anteile hält und wo dieser Gesellschafter steuerlich ansässig ist.
Wenn der Gesellschafter in Malta lebt
Lebt der Gesellschafter in Malta und ist dort steuerlich ansässig, zahlt seine Gesellschaft auf den Gewinn 35 Prozent Körperschaftsteuer. Diese Steuer ist endgültig. Wenn der Gewinn anschließend als Dividende ausgeschüttet wird, muss der Gesellschafter darauf keine zusätzliche Steuer zahlen. Der Grund liegt im sogenannten Imputation System. Die bereits gezahlte Steuer wird so behandelt, als hätte der Gesellschafter sie selbst entrichtet. Dadurch wird eine doppelte Besteuerung vermieden.
Ein Beispiel verdeutlicht das:
Eine maltesische Gesellschaft erzielt einen Gewinn von EUR 100.000,00. Sie zahlt darauf EUR 35.000,00 Körperschaftsteuer. Der verbleibende Betrag von EUR 65.000,00 wird als Dividende an den Gesellschafter ausgeschüttet. Der Gesellschafter muss diese Dividende zwar in seiner Steuererklärung angeben, erhält aber die volle Anrechnung der bereits gezahlten Steuer. Damit ist die Steuer vollständig beglichen. Er kann die EUR 65.000,00 in Malta uneingeschränkt behalten, ausgeben oder investieren, ohne dass weitere Abgaben entstehen.
Damit beträgt die effektive Steuerbelastung 35 Prozent. Es gibt in diesem Fall keine Rückerstattung und keine Steuervergünstigung, aber auch keine Doppelbesteuerung.
Wenn der Gesellschafter im Ausland lebt
Lebt der Gesellschafter außerhalb Maltas, gilt grundsätzlich das sogenannte Refund System. Dieses Verfahren ermöglicht es, nach der Ausschüttung einer Dividende einen Teil der zuvor gezahlten Körperschaftsteuer zurückzuerhalten. Es handelt sich dabei nicht um eine Steuerbefreiung, sondern um ein aufwendiges Erstattungsverfahren, das nur dann greift, wenn alle formalen Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Gesellschaft zahlt zunächst den vollen Körperschaftsteuersatz von 35 Prozent. Nach der Dividendenausschüttung kann der ausländische Gesellschafter eine Rückerstattung von sechs Siebteln der gezahlten Steuer beantragen. Dadurch reduziert sich die effektive Steuerlast auf Malta auf etwa fünf Prozent. Die Rückzahlung erfolgt erst nach Prüfung und Freigabe durch die maltesische Steuerverwaltung, häufig mit erheblicher zeitlicher Verzögerung.
In der Praxis ist dieser niedrige Steuersatz nur mit einer Holdingstruktur erreichbar.
Die Rückerstattung wird nicht an die operative Gesellschaft, sondern ausschließlich an deren Anteilseigner ausgezahlt. Wenn der Anteilseigner eine natürliche Person im Ausland ist, müsste er sich in Malta steuerlich registrieren, eine maltesische Steuernummer beantragen, ein lokales Bankkonto eröffnen und den Antrag persönlich einreichen.
Da dies mit umfangreichen Prüfungen, Substanznachweisen und Dokumentationspflichten verbunden ist, ist eine direkte Antragstellung für natürliche Personen praktisch kaum umsetzbar.
Aus diesem Grund wird in fast allen Fällen eine zweite Gesellschaft in Malta gegründet, die als Holdinggesellschaft fungiert. Diese Holding hält die Anteile an der operativen Gesellschaft, empfängt die Dividende, beantragt die Rückerstattung und leitet anschließend den verbleibenden Gewinn an den tatsächlichen Eigentümer weiter. Dadurch entsteht eine zweistufige Struktur, die mit zusätzlichen Gründungskosten, doppelter Buchhaltung, separaten Jahresabschlüssen, lokalen Direktoren und laufenden Prüfpflichten verbunden ist.
Ohne eine solche Struktur ist der beworbene Steuersatz von rund fünf Prozent in der Praxis nicht erreichbar.
In der Praxis ist dieses System vor allem für ausländische Gesellschafter ohne steuerliche Ansässigkeit in Malta vorgesehen. Es greift sowohl bei natürlichen Personen als auch bei juristischen Personen, wobei die Anforderungen an Registrierung und Nachweisführung unterschiedlich sind.
Wenn der Gesellschafter eine natürliche Person ist und beispielsweise in Deutschland oder Österreich lebt, muss er beachten, dass die in Malta ausgeschüttete Dividende in seinem Wohnsitzstaat steuerpflichtig ist. Malta erhebt auf Dividenden keine Quellensteuer, sodass der volle Betrag an den Gesellschafter ausgezahlt wird. Dieser muss die Dividende dann jedoch im eigenen Land als Einkommen aus Kapitalvermögen versteuern.
Beispiel
Eine maltesische Gesellschaft erzielt einen Gewinn von EUR 100.000,00 und zahlt darauf EUR 35.000,00 Körperschaftsteuer. Der nach Steuer verbleibende Betrag wird als Dividende ausgeschüttet. Der Gesellschafter, der in Deutschland wohnt, beantragt den Refund und erhält nach erfolgreicher Prüfung EUR 30.000,00 zurück. Seine effektive Steuerlast auf Malta liegt somit bei rund EUR 5.000,00. Diese Rückerstattung ändert jedoch nichts daran, dass er die Dividende in Deutschland mit dem dort gültigen Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer versteuern muss.
Rechnerisch ergibt sich damit keine Gesamtsteuer von fünf Prozent, sondern eine kombinierte Steuerbelastung, die je nach Land deutlich höher liegt. In Österreich gilt die Dividende ebenfalls als ausländisches Kapitalertragseinkommen und unterliegt der Kapitalertragsteuer von 27,5 Prozent. Zwar kann die in Malta gezahlte Steuer anteilig angerechnet werden, eine vollständige Entlastung tritt aber nur selten ein.
Wenn der Anteilseigner eine juristische Person ist, also etwa eine deutsche GmbH oder österreichische Holdinggesellschaft, gelten zusätzlich die Vorschriften der nationalen Körperschaftsteuer und der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie. In vielen Fällen können die in Malta gezahlten Steuern teilweise angerechnet werden, eine Doppelbesteuerung ist jedoch nicht immer vollständig vermeidbar. Zudem verlangen deutsche und österreichische Finanzbehörden bei solchen Strukturen regelmäßig den Nachweis einer wirtschaftlichen Substanz in Malta, bevor steuerliche Vorteile anerkannt werden.
Beispiel
Eine österreichische Holdinggesellschaft hält 100 Prozent der Anteile an einer maltesischen Tochtergesellschaft. Diese erzielt einen Gewinn von EUR 500.000,00 und zahlt darauf EUR 175.000,00 Körperschaftsteuer. Nach der Dividendenausschüttung beantragt die Holding den Refund und erhält EUR 150.000,00 zurück. Die Netto-Steuerbelastung auf Malta liegt somit bei EUR 25.000,00, also fünf Prozent. In Österreich wird die Dividende als Beteiligungsertrag verbucht. Ist die Beteiligung im Sinne der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie begünstigt, kann sie steuerfrei sein. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, wird sie mit 25 Prozent Körperschaftsteuer belastet.
Diese Beispiele zeigen, dass der vielfach angeführte „Fünf-Prozent-Steuersatz“ nicht die gesamte Steuerrealität widerspiegelt. Die Steuer auf Malta betrifft ausschließlich die Gesellschaftsebene. Auf Ebene des Gesellschafters kann im Wohnsitzstaat eine zusätzliche Steuerpflicht bestehen.
Zusammengefasst bedeutet dies:
Die tatsächliche Gesamtsteuerbelastung hängt davon ab, wo der Gesellschafter lebt, welche Art von Einkünften vorliegt und ob eine natürliche oder juristische Person beteiligt ist. Der beworbene Vorteil von Malta reduziert sich in der Praxis häufig, sobald die besteuerungspflichtigen Dividenden im Heimatland berücksichtigt werden.
Die neue 15 Prozent-Regelung in Malta (FITWI)
Seit 2025 können maltesische Gesellschaften anstelle des bisherigen Refund-Systems eine neue Besteuerungsform wählen: die Final Income Tax Without Imputation, kurz FITWI. Sie wurde durch die Legal Notice 188 of 2025 eingeführt und ist Teil des Income Tax Act, Cap. 123. Dieses System verfolgt das Ziel, die komplizierten Erstattungsverfahren zu vereinfachen und zugleich die Transparenz gegenüber der Europäischen Union zu erhöhen.
Im Rahmen der FITWI-Regelung wird der Gewinn einer maltesischen Gesellschaft mit 15 Prozent Körperschaftsteuer belastet. Diese Steuer ist endgültig, das heißt, es erfolgt keine Anrechnung auf Gesellschafterebene und keine Rückerstattung. Die Gesellschaft zahlt also eine fixe Steuer auf ihre Gewinne und schüttet den verbleibenden Betrag aus.
Das bedeutet: Das klassische Refund-System und die 6/7-Rückzahlung entfallen vollständig, sobald eine Gesellschaft sich für FITWI entscheidet. Die Steuer ist final, wodurch das Verfahren erheblich einfacher wird, aber auch jede Möglichkeit entfällt, den effektiven Steuersatz unter 15 Prozent zu senken.
Beispiel
Eine Gesellschaft erzielt einen Gewinn von EUR 200.000,00. Sie hat sich für FITWI entschieden und zahlt darauf EUR 30.000,00 Körperschaftsteuer. Der verbleibende Betrag von EUR 170.000,00 kann als Dividende ausgeschüttet werden. Weder die Gesellschaft noch der Gesellschafter können eine Rückerstattung beantragen oder eine weitere Anrechnung vornehmen. Damit ist die Steuerbelastung auf Malta abschließend.
Struktur und Substanz in Malta
In der Theorie lässt sich das maltesische Steuersystem mit seinem Refund-Verfahren recht einfach darstellen. In der Praxis entscheidet jedoch die wirtschaftliche Substanz darüber, ob eine Gesellschaft tatsächlich anerkannt und steuerlich begünstigt wird. Die maltesischen Steuerbehörden prüfen heute sehr genau, ob eine Gesellschaft in Malta real existiert oder lediglich auf dem Papier steht. Diese Überprüfung erfolgt streng nach den Vorgaben des Income Tax Act und den Anti-Tax-Avoidance-Richtlinien der Europäischen Union (ATAD).
Damit ein Refund genehmigt wird, muss eine Gesellschaft nachweisen, dass sie in Malta eine tatsächliche Geschäftsleitung und Kontrolle hat. Das bedeutet, dass Verwaltungsentscheidungen auf maltesischem Boden getroffen werden müssen und nicht etwa durch einen Geschäftsführer, der in einem anderen Land ansässig ist.
Eine reine Briefkastenfirma erfüllt diese Anforderungen nicht.
Gefordert werden in der Praxis:
- Ein eigener Geschäftssitz mit einer tatsächlich nutzbaren Büroadresse,
- mindestens ein lokaler Director, der in Malta wohnt und die Gesellschaft auch rechtlich vertritt,
- nachweisbare wirtschaftliche Tätigkeit, also Verträge, Rechnungen, Korrespondenz und Bankbewegungen,
- sowie laufende Buchhaltung und geprüfte Jahresabschlüsse in Malta.
Fehlen diese Voraussetzungen, wird der Refund in der Regel nicht genehmigt oder später aberkannt. In einigen Fällen kann das sogar zur rückwirkenden Aberkennung und zur Nachversteuerung der vollen 35 Prozent führen.
Unabhängig davon, ob Steuern auf Ebene der Gesellschaft oder auf Ebene des Gesellschafters anfallen – eine vollständige Steuerfreiheit existiert nicht.
Die Gesellschaft zahlt zunächst 35 Prozent Körperschaftsteuer. Erfolgt eine Rückerstattung über das Refund-System, reduziert sich die Steuerlast auf maltesischer Ebene zwar theoretisch auf etwa fünf Prozent, doch im Land des Gesellschafters fällt regelmäßig eine weitere Besteuerung der Dividende an.
Ein in Deutschland ansässiger Anteilseigner zahlt beispielsweise zusätzlich 25 Prozent Abgeltungssteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag, in Österreich beträgt die Kapitalertragsteuer 27,5 Prozent. Damit ergibt sich in der Praxis häufig eine Gesamtbelastung von über 30 Prozent – unabhängig davon, ob die Dividende an eine natürliche oder juristische Person ausgeschüttet wird.
Ein Beispiel verdeutlicht den Aufwand
Eine ausländische Unternehmerin gründet eine operative Gesellschaft in Malta und beantragt nach dem ersten Geschäftsjahr die Steuererstattung. Die Gesellschaft hat jedoch weder einen eigenen Director in Malta noch Geschäftsräume oder Angestellte. Das Finanzamt stuft die Gesellschaft daraufhin als „ohne ausreichende wirtschaftliche Präsenz“ ein. Der Refund-Antrag wird abgelehnt, und die bereits gezahlte Steuer von EUR 35.000,00 bleibt vollständig beim Staat.
Um diese Risiken zu vermeiden, beauftragen viele Mandanten Dienstleister, die Substanz aufbauen – etwa durch gemietete Büroräume, maltesische Direktoren und lokale Verwaltungsleistungen. Doch genau dieser Punkt verursacht erhebliche zusätzliche Fixkosten, die bei realer Umsetzung oft mehrere zehntausend Euro pro Jahr betragen.
Die Realität ist daher weit entfernt von der Vorstellung, man könne in Malta einfach eine Gesellschaft gründen, fünf Prozent Steuern zahlen und den Rest behalten. Der Aufbau und Erhalt der erforderlichen Substanz ist komplex, kostenintensiv und aufwendig. In der Praxis ist er nur für wenige Unternehmen wirtschaftlich sinnvoll, die tatsächlich operative Geschäfte in Malta führen und dort regelmäßig Entscheidungen treffen.
Bankwesen und Compliance in Malta
Einer der größten praktischen Stolpersteine in Malta ist das Bankwesen. Auf dem Papier scheint die Abwicklung des Zahlungsverkehrs für maltesische Gesellschaften einfach, doch in der Realität ist die Eröffnung und Führung eines Geschäftskontos häufig die größte Herausforderung.
Die maltesischen Banken unterliegen seit mehreren Jahren besonders strengen EU-Richtlinien zur Geldwäscheprävention (AML) und zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung (CFT). Diese Vorschriften wurden verschärft, nachdem Malta von der Financial Action Task Force (FATF) zeitweise auf die sogenannte „Grey List“ gesetzt wurde. Obwohl das Land 2022 wieder gestrichen wurde, hat sich die Praxis der Banken dadurch dauerhaft verändert.
Kontoeröffnungen sind heute aufwendig, langwierig und nicht garantiert.
Banken verlangen umfangreiche Unterlagen zur Herkunft der Mittel, zu den wirtschaftlich Berechtigten (Ultimate Beneficial Owners) und zur tatsächlichen Tätigkeit des Unternehmens. Ohne lokale Substanz – also ohne Büroräume, lokale Geschäftsleitung oder operative Tätigkeit – lehnen die meisten Banken Kontoanträge ab. Selbst bei vollständig eingereichten Unterlagen dauert die Kontoeröffnung oft mehrere Monate und wird von wiederholten Nachfragen begleitet.
Ohne Bankkonto ist jedoch keine wirtschaftliche Tätigkeit und auch keine Rückerstattung möglich.
Die Steuererstattung im Rahmen des Refund-Systems kann nur auf ein maltesisches Bankkonto überwiesen werden, das auf den Namen der Gesellschaft oder der refundberechtigten Holding geführt wird. Wer also keine aktive Bankverbindung in Malta hat, kann den Refund faktisch nicht abwickeln.
Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht das
Ein Unternehmer aus Deutschland gründet eine Gesellschaft in Malta und reicht sämtliche Unterlagen für die Kontoeröffnung ein. Obwohl alle Dokumente vollständig sind, fordert die Bank zusätzliche Nachweise zur Herkunft des Startkapitals, zur Qualifikation des Direktors und zur Geschäftstätigkeit in der EU. Der Vorgang zieht sich über vier Monate hin. Als die Gesellschaft schließlich eine Rückerstattung beantragen möchte, verweigert die Steuerbehörde die Auszahlung, weil kein aktives maltesisches Geschäftskonto besteht. Das Ergebnis: Die Gesellschaft hat zwar formal Anspruch auf den Refund, kann ihn aber nicht empfangen.
Neben der Bankenseite ist auch die allgemeine Compliance-Praxis in Malta deutlich strenger geworden.
Die Behörden prüfen nicht nur einmal bei der Gründung, sondern regelmäßig, ob eine Gesellschaft ihre laufenden Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehören:
- fristgerechte Abgabe von Steuererklärungen und Jahresabschlüssen,
- Meldungen der wirtschaftlich Berechtigten an das Register of Beneficial Owners,
- Einhaltung der Vorschriften zur wirtschaftlichen Substanz und Geschäftsleitung.
Versäumnisse oder Unstimmigkeiten führen schnell zu Strafen, Verzögerungen bei der Rückerstattung oder sogar zur Streichung aus dem Handelsregister.
Viele ausländische Unternehmer berichten zudem, dass selbst kleinere Änderungen – etwa die Ernennung eines neuen Direktors oder der Wechsel des Firmensitzes – von Banken und Behörden als vollständiger Re-Check gewertet werden. In der Folge müssen erneut alle Unterlagen eingereicht und die gesamte Compliance-Prüfung wiederholt werden.
Die Kombination aus strenger Bankenaufsicht und umfangreichen Nachweispflichten macht Malta für viele internationale Unternehmer unpraktikabel.
Selbst wer die formalen Voraussetzungen für das Refund-System erfüllt, scheitert häufig an der Umsetzung im Alltag. Die Bankenlandschaft ist begrenzt, die Prüfprozesse sind komplex und die Zeiträume bis zur tatsächlichen Auszahlung lang.
In der Praxis führt das dazu, dass selbst ordnungsgemäß gegründete Gesellschaften mehrere Monate oder länger auf die Eröffnung eines Bankkontos oder die Auszahlung des Refunds warten. Diese strukturellen Verzögerungen verursachen zusätzliche Kosten, binden Liquidität und mindern den ohnehin geringen steuerlichen Vorteil, der durch das Refund-System theoretisch erzielt werden könnte.
Kosten und Verwaltungsaufwand in Malta
Wer sich mit den tatsächlichen Kosten einer Gesellschaft in Malta beschäftigt, erkennt schnell, dass die administrative und finanzielle Belastung erheblich höher ist, als häufig angenommen.
Der nominell niedrige Steuersatz, der mit dem Refund-System beworben wird, verdeckt in der Praxis ein komplexes und kostenintensives Geflecht aus gesetzlichen, buchhalterischen und organisatorischen Verpflichtungen.
Bereits die Gründung einer Gesellschaft in Malta ist mit einem vergleichsweise hohen formalen Aufwand verbunden. Nach der Eintragung folgt unmittelbar die Pflicht zur regelmäßigen Buchführung, zur jährlichen Wirtschaftsprüfung und zur Einreichung geprüfter Abschlüsse bei den Behörden. Diese Verpflichtungen gelten unabhängig davon, ob die Gesellschaft aktiv tätig ist oder keine Umsätze erzielt.
Kommt eine Holdingstruktur hinzu, verdoppeln sich viele dieser Pflichten.
Jede Gesellschaft – also sowohl die operative Einheit als auch die Holding – benötigt eigene Buchhaltungsunterlagen, Jahresabschlüsse, Prüfberichte und Steuererklärungen. Zusätzlich muss für jede Gesellschaft ein lokaler Director benannt werden, der als gesetzlicher Vertreter fungiert und haftet.
Neben den gesetzlichen Anforderungen entstehen in der Praxis laufende Kosten durch:
- lokale Verwaltungstätigkeiten, etwa die Pflege des Registers der wirtschaftlich Berechtigten,
- steuerliche Betreuung und Jahreserklärungen,
- Wirtschaftsprüfungen und Director Meetings, die mindestens zweimal jährlich stattfinden müssen,
- Verwaltung der Refund-Anträge und der dazugehörigen Kommunikation mit der Steuerverwaltung,
- Prüfungen der wirtschaftlichen Substanz, die regelmäßig nachgewiesen werden müssen,
- sowie Compliance-Prüfungen der Banken und Anpassungen an neue Regulierungsvorgaben.
In der Praxis führt das dazu, dass die Gesamtkosten für den laufenden Betrieb einer maltesischen Struktur oft in einem deutlichen Missverhältnis zur möglichen Steuerersparnis stehen. Besonders bei kleineren und mittleren Unternehmen, die keine eigenen Mitarbeiter oder Büroräume in Malta unterhalten, fällt dieser Effekt stark ins Gewicht.
Selbst bei funktionierenden Refund-Strukturen bleibt der finanzielle Vorteil häufig geringer als erwartet, da ein erheblicher Teil der möglichen Ersparnis durch die laufenden Verwaltungskosten, Buchhaltung, Prüfungen und Bankgebühren aufgezehrt wird.
Ein typischer Fall aus der Beratungspraxis verdeutlicht das:
Ein ausländischer Unternehmer gründet in Malta eine operative Gesellschaft und zusätzlich eine Holdinggesellschaft, um den Refund beantragen zu können. Beide Gesellschaften müssen geführt, geprüft und steuerlich betreut werden. Dazu kommen die jährlichen Director Meetings, die Dokumentation der Substanz und die wiederkehrende Kommunikation mit Banken und Behörden. Nach Abzug aller laufenden Kosten, Prüfungsgebühren und administrativen Aufwendungen reduziert sich der tatsächliche steuerliche Vorteil auf einen Bruchteil des ursprünglich beworbenen Werts.
Hinzu kommt, dass die Anforderungen an Dokumentation, Compliance und Governance jährlich steigen. Selbst etablierte Gesellschaften müssen regelmäßig ihre Geschäftsunterlagen, Gesellschafterstrukturen und Zahlungsströme gegenüber Behörden und Banken offenlegen. Jede Nachlässigkeit kann zu Verzögerungen, Rückfragen oder im schlimmsten Fall zur Verweigerung des Refunds führen.
Die Vorstellung, in Malta eine einfache und kostengünstige Struktur aufzubauen, entspricht daher nicht der Realität.
Der Verwaltungsaufwand ist hoch, die Kontrollmechanismen sind umfangreich, und der damit verbundene finanzielle und zeitliche Aufwand steht häufig in keinem Verhältnis zum steuerlichen Ergebnis.
Am Ende führt kein Weg daran vorbei: Der beworbene Steuersatz von fünf Prozent ist in der Praxis nie die tatsächliche Gesamtbelastung.
Egal ob der Gesellschafter eine juristische Person oder eine natürliche Person ist, und unabhängig davon, ob er seinen Wohnsitz in Malta oder im Ausland hat – nach Berücksichtigung der inländischen oder ausländischen Besteuerung und der erheblichen laufenden Kosten liegt die effektive Belastung regelmäßig deutlich über diesem Wert.
In der Praxis zeigt sich, dass Malta vor allem für größere Unternehmensgruppen mit bestehender Substanz und eigener Verwaltungseinheit geeignet ist, während es für Einzelunternehmer oder kleinere internationale Gesellschaften aufgrund der hohen Folgekosten nur eingeschränkt wirtschaftlich sinnvoll ist.
Rechtliche Unsicherheiten und EU-Perspektive
Während Malta sein Körperschaftsteuersystem seit Jahren als wettbewerbsfähig und EU-konform darstellt, steht das Refund-System schon lange im Fokus der Europäischen Kommission, der OECD und der Code of Conduct Group der EU.
Der Grund liegt darin, dass Malta mit der Rückerstattung eines Großteils der Körperschaftsteuer zwar formal innerhalb des EU-Rechtsrahmens agiert, die Struktur aber in der Praxis als „beihilfenähnliche Steuervergünstigung“ eingestuft werden kann.
Die Europäische Union bewertet nationale Steuersysteme nach dem Grundsatz, dass sie keine schädlichen Steuerpraktiken darstellen dürfen. Systeme gelten als „schädlich“, wenn sie ausländischen Investoren selektive Vorteile verschaffen, die für einheimische Steuerpflichtige nicht gelten. Genau dies trifft auf das Refund-System zu, denn nur ausländische Gesellschafter können die Rückerstattung in Anspruch nehmen.
Malta steht deshalb seit Jahren unter Beobachtung der EU-Code-of-Conduct-Gruppe.
Zwar wurde das System bisher nicht offiziell verboten, doch es gilt als politisch umstritten und steht regelmäßig auf der Tagesordnung europäischer Steuerarbeitsgruppen.
Mit der Einführung der Final Income Tax Without Imputation (FITWI) im Jahr 2025 reagierte Malta unmittelbar auf diesen Druck. FITWI soll das bisherige Refund-System langfristig ersetzen und den Vorwurf der steuerlichen Bevorzugung ausländischer Anteilseigner entschärfen.
Diese Entwicklung zeigt klar, dass das bisherige System in seiner bisherigen Form politisch kaum zukunftsfähig ist.
Unternehmen, die heute auf Refund-Strukturen setzen, müssen daher einkalkulieren, dass die Rahmenbedingungen sich in den kommenden Jahren weiter verändern können. Eine formale Abschaffung des Refund-Systems ist derzeit zwar nicht beschlossen, gilt aber als wahrscheinliches Szenario, falls Malta keine weiteren Reformen umsetzt.
Auch die OECD befasst sich im Rahmen des Projekts BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) regelmäßig mit nationalen Steuermodellen, die auf Rückerstattungssystemen beruhen. Ziel ist, dass Gewinne dort besteuert werden, wo die tatsächliche Wertschöpfung stattfindet. Das maltesische System, das Rückzahlungen ohne operative Tätigkeit im Land zulässt, steht damit im Widerspruch zu dieser internationalen Zielsetzung.
Darüber hinaus hat die Europäische Kommission bereits mehrfach betont, dass die zunehmende Harmonisierung des Unternehmenssteuerrechts in der EU – insbesondere durch Initiativen wie BEFIT (Business in Europe: Framework for Income Taxation) – langfristig zu einer Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlagen führen soll. Damit verlieren nationale Sondermodelle, wie das maltesische Refund-System, ihre steuerpolitische Tragfähigkeit.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ergibt sich aus der Rechtsanwendungspraxis. Die maltesischen Steuerbehörden verfügen bei der Prüfung von Refund-Anträgen über einen weiten Ermessensspielraum. Ob ein Antrag bewilligt oder abgelehnt wird, hängt nicht nur von den formalen Voraussetzungen ab, sondern auch von der Einschätzung der Behörde, ob eine ausreichende Substanz und ein wirtschaftlicher Zweck vorliegen. Das führt in der Praxis häufig zu unvorhersehbaren Entscheidungen und langen Prüfungsverfahren.
Ein Beispiel aus der Praxis zeigt die Unwägbarkeit
Eine Holdinggesellschaft mit Sitz in Malta, deren Eigentümer in Deutschland ansässig ist, beantragt nach mehreren Jahren erfolgreicher Refunds erneut eine Rückerstattung. Die Gesellschaft erfüllt formal alle Voraussetzungen, hat jedoch keine eigenen Mitarbeiter und nur einen lokalen Director. Die Steuerbehörde stellt den Refund diesmal in Frage und fordert zusätzliche Nachweise zur operativen Tätigkeit in Malta. Der Vorgang zieht sich über ein Jahr hin. Das Ergebnis bleibt offen, und in dieser Zeit kann die Gesellschaft nicht auf die beantragten Mittel zugreifen.
Diese Unsicherheiten haben in den letzten Jahren zu einem Vertrauensverlust geführt.
Viele Banken und Steuerberater raten inzwischen von Refund-Strukturen ab, weil das Risiko, dass Anträge abgelehnt oder über Jahre verzögert werden, deutlich gestiegen ist.
Zudem kann ein nachträglich aberkannter Refund zu erheblichen finanziellen Folgen führen: Wird der Rückerstattungsbetrag später als unrechtmäßig eingestuft, muss er vollständig zurückgezahlt werden, häufig mit Zinsen und potenziellen Strafzuschlägen.
In der Summe ist Malta steuerrechtlich nicht instabil, aber in seiner praktischen Anwendung unberechenbar.
Unternehmer müssen bei jeder Strukturplanung einkalkulieren, dass geltende Regelungen zwar formell Bestand haben, sich aber aufgrund europäischer oder internationaler Entwicklungen jederzeit verändern können.
Das Refund-System ist kein dauerhaft verlässliches Modell, sondern ein steuerpolitisches Übergangssystem, das zunehmend an Bedeutung verliert. Für langfristige Unternehmensplanungen ist es daher mit einem erhöhten rechtlichen und politischen Risiko verbunden.
Fazit und Praxisbewertung
Das maltesische Körperschaftsteuersystem wirkt auf den ersten Blick attraktiv. Ein nomineller Steuersatz von 35 Prozent, der sich durch Rückerstattung auf rund fünf Prozent reduzieren lässt, klingt nach einem deutlichen Wettbewerbsvorteil. Doch dieser Eindruck hält einer realistischen Betrachtung nicht stand.
Die rechtliche und praktische Umsetzung ist komplex, kostenintensiv und von zahlreichen Bedingungen abhängig. Um die Rückerstattung überhaupt zu erhalten, ist fast immer eine zweistufige Struktur erforderlich, bestehend aus einer operativen Gesellschaft und einer maltesischen Holdinggesellschaft. Beide müssen geführt, geprüft und steuerlich betreut werden.
Hinzu kommen hohe Anforderungen an Substanz, umfangreiche Compliance-Verpflichtungen, zeitaufwendige Bankprozesse und eine rechtlich unklare Zukunft des Refund-Systems.
Selbst wenn alle Bedingungen erfüllt sind, führt die Gesamtrechnung in der Praxis nie zu einer tatsächlichen Belastung von fünf Prozent.
Berücksichtigt man die Kosten für die Aufrechterhaltung der Struktur, die laufenden Prüfungen, die Verwaltungsgebühren und die Besteuerung im Heimatland des Gesellschafters, liegt die effektive Steuerbelastung regelmäßig deutlich über 30 Prozent – oftmals sogar höher als in vergleichbaren EU-Ländern mit klareren Regelungen.
Zudem kommt die rechtliche Unsicherheit hinzu. Das Refund-System steht seit Jahren unter Beobachtung der EU und wird voraussichtlich schrittweise durch das neue FITWI-System ersetzt, das eine feste Steuer von 15 Prozent vorsieht. Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass Malta steuerlich nicht unattraktiv, aber in seiner Struktur instabil ist. Für langfristige Unternehmensstrategien ist Stabilität jedoch entscheidend.
Zypern bietet im Vergleich dazu ein deutlich klareres, transparenteres und planbareres Umfeld. Der Körperschaftsteuersatz liegt bei 12,5 Prozent, die Besteuerung erfolgt einheitlich und ohne Rückerstattungsverfahren, und die Regelungen sind einfach nachzuvollziehen. Es gibt keine Notwendigkeit für Holdingstrukturen, um Steuervorteile zu realisieren, und keine Wartezeiten für Rückzahlungen.
Zudem bietet Zypern eine klare Non-Dom-Regelung, die insbesondere für international tätige Unternehmer erhebliche Vorteile bringt. Einkünfte aus Dividenden und Zinsen bleiben unter bestimmten Voraussetzungen vollständig steuerfrei, und auch das Bankwesen ist für internationale Strukturen stabil, schnell und pragmatisch.
Die Verwaltungskosten in Zypern sind im Regelfall niedriger, die Prozesse digitalisiert, und die Zusammenarbeit mit Behörden erfolgt zeitnah und transparent. Unternehmen können sich auf eine klare Rechtsgrundlage stützen, die seit Jahren stabil und EU-konform ist.
In der Gesamtbewertung zeigt sich daher: Malta ist kein unrechtmäßiger, aber ein unpraktischer Standort.
Zypern hingegen bietet eine nachhaltige, rechtssichere und wirtschaftlich sinnvolle Alternative – mit klaren gesetzlichen Regelungen, überschaubarem Aufwand und einer deutlich höheren Planungssicherheit für Unternehmer.
Wer eine europäische Gesellschaftsstruktur sucht, die rechtssicher, einfach und steuerlich planbar ist, findet in Zypern das Modell, das Malta lange zu sein vorgab: übersichtlich, effizient und auf Dauer verlässlich.












